Bündnis für Demokratie und Toleranz im Landkreis Biberach äußert sich zum Tag der Deutschen Einheit. Aktion und ökumenischer Gottesdienst geplant.
„Einigkeit und Recht und Freiheit…“, so singen wir in der Nationalhymne, welche als Lied der Deutschen von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben stammt. Am 30. Jahrestag der Deutschen Einheit sind diese drei zentralen Worte unserer demokratischen Grundordnung aktueller denn je, auch wenn der Text aus dem 19. Jahrhundert stammt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trifft das in seinen Grußworten zum Tag der Deutschen Einheit sehr gut: „Abstandhalten ist zu einer der meistgehörten Bitten in dieser Krise geworden, aber das darf nicht heißen, dass wir jene Art von Nähe und Austausch einschränken, die unser Land gerade jetzt für den Zusammenhalt braucht: zwischen Ost und West, Nord und Süd, Alt und Jung und all den anderen Unterschieden in Herkunft, Heimatgefühlen, Kulturen, Glaubensbekenntnissen oder politischen Überzeugungen. Einheit lebt vom Mut, Unterschiede zum Thema zu machen, und von der Ausdauer, demokratische Kompromisse auszuhandeln. Einheit lebt von der Entschlossenheit, die Werte unseres Grundgesetzes immer wieder zu verteidigen. Einheit ist das, was wir täglich neu erringen müssen: wir miteinander.“
„Einigkeit“ und „Einheit“ bedeuten also eben nicht, dass alle einer Meinung sein müssen. Einigkeit bewährt sich vielmehr in der Freiheit des gemeinsamen Diskurses.
In Zeiten der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen der persönlichen Freiheiten wurde der Begriff der „Freiheit“ zu einem viel diskutierten Wort. Es fühlten und fühlen sich viele Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt. Wir müssen erleben, dass Freiheit nicht grenzenlos ist. Freiheit hat immer auch etwas mit der Übernahme von Verantwortung zu tun. Im Grundgesetz steht dazu:“ Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ (Art. 2 (1) Oder nach Immanuel Kant: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“
Natürlich muss im Nachhinein diskutiert werden, ob alle Maßnahmen zu Beginn der Corona-Pandemie angemessen waren. Die strengen sozialen Isolierungen würden wir heute wohl nicht mehr auferlegt bekommen. Doch, da es in dieser Pandemie keine absoluten Wahrheiten gibt, liegt es nahe, erst einmal die Heuristik der Vorsicht und des Schutzes von menschlichem Leben walten zu lassen. Wohl wissend – wie es Gesundheitsminister Jens Spahn formulierte –, dass wir uns „in einigen Monaten viel werden verzeihen müssen“ Bei allen Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die wir erleben mussten und müssen, wurden aber nie unsere „Grundrechte“, wie zum Beispiel das Demonstrationsrecht oder das Recht auf freie Meinungsäußerung, außer Kraft gesetzt. Sie gelten in vollem Umfang, sollen dabei aber die Freiheit der anderen nicht gefährden. Die Nachrichten von Hongkong oder Belarus verdeutlichen uns, wie frei wir in unserem Land leben dürfen. Als Demokraten sehen wir darum mit großer Sorge, dass auf Demonstrationen Ängste bedient, Menschen diffamiert, unsere grundgesetzliche Ordnung in Frage gestellt und so letztlich eine Spaltung der Gesellschaft das Wort geredet wird.
Freilich: für eine kleine Gruppe sind die Einschränkungen der persönlichen Freiheiten wegen der Corona-Pandemie zu groß. Ihre Sorgen, Ängsten und Meinungen müssen ernst genommen werden und im Rahmen der freiheitlichen Grundordnung diskutiert werden. Denn es ist unbestritten: das Maskentragen, Abstand halten und desinfizieren verunsichert uns, weil es für uns ungewohnt ist. Gewohnte Rituale, wie die Begrüßung mit Handschlag oder Umarmung vermissen wir.
Einander zuhören, andere Ansichten versuchen zu verstehen, trägt zur Einheit und zum Zusammenhalt bei. Beim Zuhören und Diskutieren zu differenzieren und gegebenenfalls Standpunkte einzunehmen, ist wichtig.
Das Bündnis für Demokratie und Toleranz im Landkreis Biberach setzt sich für einen gesellschaftlichen Diskurs auf Grundlage des Grundgesetztes ein.
Demokratie ist sicher nicht einfach und derweilen auch anstrengend. Winston Churchill sagte einmal: „Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Am 3. Oktober 2020 können wir den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit begehen. Das erfüllt uns mit Dankbarkeit, verpflichtet uns zugleich aber auch, uns weiterhin für „Einigkeit und Recht und Freiheit“ in diesem Land einzusetzen.
Das Bündnis plant zum Tag der Deutschen Einheit zwei Veranstaltungen:
Zusammen mit der Theatertonne Biberach findet eine Aktion am 2. Oktober bei der langen Einkaufsnacht in Biberach auf dem Schadenhofplatz statt. „Mit dem Bob durch die Wand“ wird es rasant zugehen. Die Mauer steht dabei für die Mauer in den Köpfen und an Grenzen. Diese sollen symbolisch eingerissen werden. Jeder kann mitmachen.
Außerdem laden das katholische Dekanat und der evangelische Kirchenbezirk Biberach in Kooperation mit dem Bündnis am 3. Oktober um 10 Uhr zu einem ökumenischen Gottesdienst auf den Bussen im Gedenken an die Wiedervereinigung ein. Der evangelische Dekan Matthias Krack und der katholische Dekan Sigmund Schänzle gestalten den Gottesdienst. Da die Plätze begrenzt sind, ist eine Anmeldung bei der kath. Dekanatsgeschäftsstelle bis Freitag, 2. Oktober 12 Uhr erforderlich: dekanat.biberach@drs.de oder telefonisch unter 07351/8095 400.
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